Warum sind die Getreidepreise aktuell so hoch?

Weizen ist die am häufigsten angebaute Getreideart in Hessen und wird als Tierfutter und zum Backen verarbeitet. Nach drei sehr trockenen Jahren (2018-2020) folgte ein regenreiches Jahr. Ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Kornfüllung im Juni, war es jedoch so heiß, dass die Pflanzen sehr geschwächt wurden und deutlich weniger geerntet wurde als zunächst erwartet. Getreidepreise werden jedoch auf dem Weltmarkt gemacht und die hessische oder deutsche Erntemenge hat darauf wenig Einfluss.

Die große Dürre und Hitze im Westen Nordamerikas hat in diesem Jahr zu sehr hohen Ernteausfällen geführt und auch in den anderen Ländern der Nordhalbkugel wurden schlechte Ernten eingefahren, in der Folge sinken die weltweiten Vorräte. Die USA, Kanada und auch die EU27 sind wichtige Weizenexporteure für die Länder Nordafrikas, die Türkei und den vorderen Orient. So ist es tatsächlich ein geringes Angebot, das auf hohe Nachfrage trifft.

Erst eine gute Getreideernte in Argentinien und Australien, gefolgt von einer guten Mais- und Sojaernte in Südamerika könnten für Entspannung sorgen. Dann weiß man auch, wie das Getreide auf der Nordhalbkugel durch den Winter gekommen ist und ob mit Ernteausfällen zu rechnen ist. Aktuell geht man deshalb von weiterhin hohen Getreidepreisen bis zum Frühjahr aus.

Das letzte Mal waren die Getreidepreise 2007 auf ähnlich hohem Niveau und 2008 folgte darauf eine Talfahrt, ausgelöst durch eine sehr gute Ernte und die Finanzkrise, die zu Geldmangel auf den (Finanz-)märkten führte. Aktuell ist jedoch das Gegenteil der Fall: es gibt sehr viel Liquidität auf den Märkten. Außerdem sind sämtliche Produktionskosten (insbesondere Dünger) durch den Anstieg der Energiepreise in die Höhe geschnellt. Deshalb könnte mancherorts die Intensität des Anbaus sinken, was zu geringeren Erträgen 2022 führen würde. Preisprognosen lassen sich seriös nicht stellen, es ist fraglich, ob die Entwicklung von den Finanz- oder Energiemärkten bestimmt wird. Auslöser für einen Preisrutsch könnte ebenfalls ein staatlicher Eingriff wie ein Exportverbot oder eine veränderte Ethanolquote bei Treibstoffen sein. Es bleibt also spannend für alle Beteiligten!

Die Frage ist nun, welche Auswirkungen das für uns in Hessen hat: Die Brötchen werden deshalb nicht teurer! Der Kostenanteil für Weizen an einem Brötchen entspricht etwa 7%, etwa 45g Weizen (oder 35g Mehl) braucht man für ein Brötchen, das sind 0,02-0,03€ pro Brötchen. Wenn sich der Weizenpreis verdoppelt (davon sind wir weit entfernt), würde ein Brötchen etwa 0,01€ teurer werden. Eine andere Frage ist, wie die wachsende Weltbevölkerung mit immer mehr Getreide versorgt werden soll bei zunehmender Wetterunsicherheit. Darauf gibt es noch keine Antwort.

Datum: 08.12.2021
Caroline Kirchhoff

Warum sind die Getreidepreise aktuell so hoch?